Wie sieht es #unten aus?
“Unten ist der Gegensatz von oben. Arm zu sein, heißt oftmals Scham, Ohnmacht und Ausgrenzung. Es ist wichtig, wenn unter dem Hashtag #unten jetzt die sprechen, die nicht nur wissen, wie Armut geschrieben wird, sondern sie selbst erfahren haben.” schreibt Katja Kipping auf Twitter. Wer wenig Geld hat, wird oftmals mit Ahnungslosigkeit oder Vorurteilen konfrontiert. “Du hast kein Geld? Geh’ doch arbeiten!” wird einer Realität, in der fast jeder Zehnte Erwerbstätige unter der Armutsgrenze lebt, absurd.
Der Freitag startete mit diesem Artikel den Hashtag #unten, damit sich Betroffene von Armut und Ausgrenzung auch einmal zu Wort melden können. Und zeigen, dass eben diese Vorurteile und Hürden es sind, die einem in den Weg gelegt werden. Wir sind eine Gesellschaft, die gegen Arme ist, statt gegen Armut. 16% der Bevölkerung leben an der statistischen Armutsgrenze. Jeder fünfte Renter. 2 Millionen Kinder. Doch das sind Zahlen. Hier sind die Menschen dahinter:
1.)
Den Senegal verließ ich vor 32 Jahren. Die Uni konnte ich mir nicht leisten & erhielt ein Stipendium in Deutschland. Ich konnnte das statistische Schicksal überwinden – durch Glück & Eigeninitiative. Doch Glück darf in einer fairen Gesellschaft keine große Rolle spielen. #unten
— Dr. Karamba Diaby (@KarambaDiaby) November 8, 2018
2.)
Ihr wollt ein Liebeslied, ihr kriegt nen miesen Tweet,
ein Tweet, wie ihr siegt.
Arme, hört zu:
werdet doch reich! pic.twitter.com/3H5v4uR3wN— Krieg und Freitag (@kriegundfreitag) November 8, 2018
3.)
ich, tochter einer alleinerzieherin, bin in eine sehr elitäre schule gegangen und war in einem Freundeskreis aus fast durchgehend absurd wohlhabenden rich kids, mit deren Lebensstil ich nicht mithalten konnte. einmal fragte mich einer: "warum musst du immer so arm sein?" #unten
— Sara Hassan (@sarahas_san) November 8, 2018
4.)
Als meine Mutter ne Puppe für 3 Mark kaufte, wir deshalb als „Sozialschmarotzer“ gesehen und aus der Flüchtlingsunterkunft rausgeschmissen wurden. Obdachlos, geflüchtet und #unten
Paar Jahre später hab ich für @Tagesspiegel darüber geschrieben: pic.twitter.com/jWvMl7gZ98
— Melina Borčak 🇧🇦🇺🇦 (@MelinaBorcak) November 8, 2018
5.)
Die dickste Narbe bleibt bei der Beerdigung meines Vaters.
In einer Stadt, 30 Fahrminuten von seinem Heimatort entfernt, kein Stein, keine Platte, kein Name, nur unter grüner Wiese, in der billigsten Urne, die es gab. Zu arm für einen Ort der Trauer. #unten
— Madita Pims 🐍 (@MaditaMedusa) November 8, 2018
6.)
Ich bin als Kind alleinerziehender erwerbsloser Mutter aufgewachsen. Wir standen permanent unter Beobachtung. Wenn wir Mal ausnahmsweise in ner Pizzeria was essen waren, kamen sofort Sprüche "Das ihr euch das leisten könnt. Und das auf Sozialhilfe." #unten #classmatters
— Francis Seeck (@Francis__Seeck) November 8, 2018
7.)
https://twitter.com/kuerbiskoepfchn/status/1060532406304808960
8.)
Herzklopfen am Geldautomaten und an der Kasse bei Kartenzahlung. Immer. #unten
— Mareice Kaiser (@Mareicares) November 8, 2018
Artikelbild: Screenshot twitter.com