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Analyse: AfD-Fans haben höchste Gewaltbereitschaft

von | Sep 15, 2024 | Analyse

Im Rahmen der letzten Mitte-Studie haben Wissenschaftler:innen unter anderem auch verschiedene Aspekte extremistischer Einstellungen nach Parteipräferenz getrennt analysiert. Dabei fiel auf, dass AfD-Sympathisant:innen nicht nur mehrheitlich zu Verschwörungsglauben, Rechtspopulismus oder Rassismus neigen, sondern vor allem, dass sie im Vergleich zu denen aller anderen Parteien mit Abstand den höchsten Hang zur Gewaltbereitschaft haben. Das sind besorgniserregende Erkenntnisse, die gerade diejenigen, die die AfD immer noch für eine harmlose Protestpartei halten, aufwecken sollten.

Gewaltanstieg seit AfD-Machtübernahme

Als im thüringischen Landkreis Sonneberg ein Kandidat der hier gesichert rechtsextremen AfD zum Landrat gewählt wurde und Volksverpetzer vom “Alarmsignal” sprach, wurde das oft belächelt und nicht so ernst genommen. “Ja, natürlich ist die AfD schlimm, aber was soll ein einzelner Landrat schon groß ausrichten”, hieß es oft. Nur ein Jahr später hatte sich dann bereits abgezeichnet, dass unsere Sorge nicht unbegründet war. Denn ausgerechnet in Sonneberg war die rechtsextreme Gewalt im vergangenen Jahr sprunghaft angestiegen.

Natürlich ist das nicht allein die Schuld des Landrats Sesselmann von der AfD. Denn der geht ja nicht abends durch die Straßen und schlägt Menschen zusammen. Gleichzeitig ist die Korrelation von AfD-Landrat und stark ansteigender rechtsextremer Gewalt natürlich kein kompletter Zufall. Doch gibt es wirklich einen nachweisbaren Zusammenhang zwischen AfD-Nähe und Gewaltbereitschaft?

Dieser Frage ging eine Sonderauswertung nach, die auf der Mitte-Studie von 2022/23 aufbaut. In dieser Studie wurde untersucht, wie weit extrem rechte Einstellungen bereits in die Mitte der Gesellschaft vorgedrungen sind. Wissenschaftler der Uni Bielefeld haben nun in besagter Sonderauswertung zu der Studie noch genauer analysiert, welchen Zusammenhang es zwischen Parteipräferenz und Hang zur Gewaltbereitschaft gibt.

Mit Abstand höchste Gewaltbereitschaft bei AfD-Fans

Mit drei Fragen hat man ermittelt, wie die Befragten jeweils zu Gewalt als Mittel zur Durchsetzung politischer Interessen stehen. Dabei gab es drei Kategorien: Ablehnung der Gewalt, Zustimmung (oder Billigung) zu Gewalt und der Graubereich. Zu letzterem gehören diejenigen, die Gewalt weder klar ablehnen noch klar zustimmen.

Diese Ergebnisse wurden jetzt noch einmal getrennt nach Partei-Sympathie ausgewertet. Wir haben die Daten der Wissenschaftler grafisch aufgearbeitet und dabei alle, die Gewalt nicht klar ablehnen, in Abstufungen von rot markiert. Das Ergebnis, aufgeschlüsselt nach Parteien, seht ihr hier:

Während sich bei fast allen Parteien eine absolute Mehrheit findet, die Gewalt entschieden ablehnt, sticht die AfD negativ heraus. Nur 48 % der Anhänger:innen der rechtsextremen Partei lehnen Gewalt zur Durchsetzung politischer Ziele ab. Das sind deutlich weniger als beim “zweiten Platz”, der FDP mit 67 %. Die niedrigste Gewaltbereitschaft findet sich bei Linken (85 % lehnen Gewalt ab) und den Grünen (89 %).

Weitere Studien: Rechtsextreme Wahlerfolge führen zu rechtsextremer Gewalt

2023 analysierte eine Studie die Hintergründe von Gewalt gegen Flüchtlinge in Deutschland. Dabei kam sie zu dem Ergebnis, dass die Gewalt zwar oft von männlichen, jüngeren Tätern mit niedrigerem Einkommen verübt werden, diese aber oft auf Unterstützung einer breiteren (also auch weiblicheren, besser verdienenden, älteren) Bevölkerungsschicht setzen können. Diese Unterstützung für Gewalt gegen Geflüchtete umfasst zwar immer noch weniger als ein Fünftel der Gesamtbevölkerung, reicht aber viel tiefer in die „Mitte der Gesellschaft“ hinein. Diese Unterstützer:innen von Gewalt sind dabei mit weitem Abstand am häufigsten AfD-Wähler:innen. Die Erkenntnisse decken sich also mit der Analyse zur Gewaltbereitschaft.

Rechte Gewaltbereitschaft vor Ort schon jetzt großes Problem

Rechte Gewalt ist kein neues Phänomen und sie war auch nie wirklich “weg”. Doch sie droht, sich zu einem Problem neuen Ausmaßes zu entwickeln. Denn Wahlerfolge rechtsextremer Parteien wie der AfD sorgen dafür, dass sich rechte Gewalttäter:innen ermutigt fühlen, dass sie eine Art gesellschaftlichen Rückenwind spüren und die Hürde, Gewalt anzuwenden, immer niedriger wird. Die wissenschaftlichen Untersuchungen aus diesem Artikel bestätigen diese Beobachtung. Zivilgesellschaftlich Engagierte in Regionen mit hohen AfD-Wahlergebnisse beklagen diesen Zusammenhang schon länger.

Nach den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen warnten Opferberatungsstellen für Betroffene rechter Gewalt vor einem “Flächenbrand politisch rechts, rassistisch und antisemitisch motivierter Gewalt“. Man dokumentiert rechte Bedrohungen in Thüringen fast täglich, so erhielt kurz vor den Wahlen der Leiter der Gedenkstätte Buchenwald eine Morddrohung.

Wenn ihr euch informieren wollt, wie ihr die direkt betroffenen zivilgesellschaftlich aktiven Organisationen vor Ort unterstützen könnt, schaut mal bei unseren Orgakarten vorbei. Außerdem könnt ihr diesen Artikel mit euren Freund:innen oder eurer Familie teilen, um zu zeigen, dass die AfD nicht einfach nur eine abstrakte, “böse rechte” Partei ist, sondern ganz konkret die Sicherheit von Menschen gefährdet, weil sie die Gewaltbereitschaft ihrer rechtsextremen Klientel befeuert. Und fragt bei der Gelegenheit gern auch einmal bei euren Abgeordneten nach, wann sie denn endlich mal unsere Petition zur Prüfung eines AfD-Verbots mit mittlerweile über 850.000 Unterschriften ernst nehmen.

Artikelbild: canva.com