Wie Georg Restle durch einen Tweet zur erneuten Zielscheibe der Rechten wurde
Georg Restle ist bekannt als Moderator des ARD-Politmagazins „Monitor“, aber auch als regelmäßiger Kommentator der Tagesthemen. Ende April kommentierte er beispielsweise die Aktion #allesdichtmachen, zu der wir auch schon ausführlich berichteten (Quelle). Er vertrat die Meinung, dass wir aus so einer Aktion lernen sollten: „(…) Dass dieses plumpe Schwarz/Weiß-Denken endlich aufhört, mit dem wir uns reflexartig gegenseitig in Ecken treiben, aus denen dann keiner mehr rauskommt.“ (Link)
Die Debatte um #allesdichtmachen zeigt, wie sehr wir im schwarz/weiß gefangen sind. Man kann sich für wirksame Corona-Maßnahmen einsetzen und trotzdem vor einem neuen Untertanengeist warnen. Zu komplex für viele. Leider. Und es liegt mir fern, jedes dieser Videos zu verteidigen.
— Georg Restle (@georgrestle) April 23, 2021
Konstruktiver Journalismus
Restle vertritt in seinen Beiträgen keine radikalen Positionen, sondern versucht stets konstruktiven Journalismus zu betreiben – für viele Menschen ist er dennoch zu radikal. So kassiert er immer wieder Attacken von rechten und querdenkenden Menschen, nie jedoch von der Mitte oder links, obwohl er auch an sie appelliert, verbal abzurüsten und auch mal „grau“ zuzulassen. Am 20. Juli postete Georg Restle folgenden Tweet:
Neonazis und "Querdenker" gerieren sich als Helfer in den Hochwassergebieten und gefährden dabei die Arbeit der wahren Helfer vor Ort. Eine alte Strategie von Rechtsextremisten: "Konsensfähige" Themen besetzen, um in die Mitte der Gesellschaft vorzudringen. #Selbstverharmlosung
— Georg Restle (@georgrestle) July 20, 2021
Was darauf folgte, war heftiger als alle bisher da gewesenen Attacken auf ihn. Es hieß dort unter anderem, er solle „sich beenden“, wird als Mensch von der „Resterampe“ oder „peinliches Würstchen“ bezeichnet und man wünscht ihm mehrfach den Tod. Oftmals in Form von sogenannten DrüKos (Drüber-Kommentaren). Ein technischer Kniff, da die Autor:innen von Tweets zwar die DruKos (Drunter-Kommentare) ausblenden können, bei DrüKos geht dies aber nicht. Auch das Blocken der Accounts hilft nicht, da der zitierte Retweet dennoch stehen bleibt.
Hass und Hetze der widerlichsten Art
Häufig erfolgen die Hetze und die strafbaren Beleidigungen von Accounts, welche das Schema „Vorname plus lange Zahlenreihe“ aufweisen und bereits vor 5-10 Jahren angelegt wurden, aber in der Vergangenheit nur wenig Interaktionen aufwiesen. Es gibt zwar auch Drunter-Kommentare von AfD-Abgeordneten, diese jedoch in einem verbal halbwegs gemäßigten Ton. Eine kleine Auswahl widerwärtiger Kommentare zu ihm folgt hier (Triggerwarnung!):
(Alle Screenshots Quelle: twitter)
„Querdenker“ missbrauchen Flutkatastrophe
Georg Restle wird auch Scheinheiligkeit und Doppelmoral vorgeworfen: Er selbst würde sicher nie zuvor eine Gesinnungsprüfung machen, wenn es um sein Überleben geht. Doch davon spricht Restle auch gar nicht. Er bezieht sich auf die aktuellen Erkenntnisse der Katastrophengebiete, dessen Berichte mittlerweile zuhauf vorliegen.
Querdenker instrumentalisieren Flut: Sie kassieren ab, verhöhnen Flutopfer & verbreiten Lügen
Der Hashtag #KatastrophenTerroristen war zeitweilig auf Platz 1 der Twitter-Trends, Augenzeugenberichte von Menschen vor Ort bestätigen die Instrumentalisierung von rechts ebenfalls, wie dieser Twitter-Thread zeigt:
Und auch ich lasse #KatastrophenTerroristen trenden, da ich vor Ort mitbekomme, das Nerling und seine Schergen der Querdenkerbewegung nur eines machen: Stören anstatt zu helfen. Belagern die Einsatzleitung mit irgendwelchen schwachsinnigen Forderungen, Fahren mit dem Friedensbus
— Wattwurm – #StandWithUkraine (@theRealWattwurm) July 21, 2021
Auch die Polizei Koblenz bestätigt, dass die Einsatzfahrzeuge aufgrund zugeparkter Zufahrten kaum noch zu den Einsatzstellen durchkommen:
Die Verkehrslage ist immer noch unübersichtlich. Zugeparkte Straßen erschweren die Arbeit der Einsatzkräfte. Bitte lasst Autos außerhalb stehen und nutzt die Shuttle-Busse:
➡️https://t.co/kb0mtdrHSd
➡️https://t.co/0Zvrm1iVqv
➡️https://t.co/Ta96Wu86rU#Hochwasser #Ahrweiler pic.twitter.com/h9iqDWQ5Ct— Polizei Koblenz (@Polizei_KO) July 21, 2021
Rechte Cancel Culture
Wenn Georg Restle also davon spricht, dass Rechtsextreme und „Querdenker“ vor Ort die Arbeit der ausgebildeten Helfer:innen blockieren, dann hat er nun einfach mal Recht. (Extreme) Rechte, die daraus einen Shitstorm basteln, wollen einfach nur unliebsame Wahrheiten mundtot machen. Und betreiben genau jene “Cancel Culture”, die sie sonst vermeintlich beklagen.
Ken Jebsen & Trump: Was wirklich hinter Cancel Culture steckt – und wann sie sinnvoll ist
Artikelbild: Henning Kaiser/dpa
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