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Erste Zusammenarbeit von CDU & AfD: Wer CDU wählt, könnte die AfD kriegen

von | Jun 14, 2019 | Aktuelles

CDU in Thüringen arbeitet mit Afd zusammen!

In Thüringen hat die CDU ihr Versprechen gebrochen und ein Tabu: Sie arbeitet auf kommunaler Ebene in Geisa mit der AfD zusammen. Wie zwei Abgeordnete der LINKE aus der Thüringer Landtagsfraktion erklärten, hat die CDU “ohne Not” bei der Konstituierung des Stadtrates einen CDU-Platz im Hauptausschuss der AfD überlassen. Der CDU-Bürgermeister, der auch bei der Landtagswahl im Herbst als Direktkandidat antritt, habe darüber hinaus der AfD auch gute Zusammenarbeit gewünscht.

“Damit wird das Versprechen der Thüringer CDU gegenüber dem eigenen CDU-Bundesverband und den Wählern der CDU, mit der extrem rechten AfD in Thüringen nicht zusammenarbeiten, gebrochen“, schreiben sie in ihrer Pressemitteilung. „Mit dem Vorgehen nährt die CDU Befürchtungen, dass ihre Beteuerungen, nicht mit der AfD zusammenzuarbeiten, nicht ernst zu nehmen sind. Gerade die AfD in Thüringen unter Björn Höcke und dem Flügel gilt als besonders völkisch und rassistisch. […]

Es ist egal, ob die CDU auf Landes- oder kommunaler Ebene mit der AfD kooperiert, in beiden Fällen tritt eine Normalisierung ein. Die AfD darf auf keiner Ebene Kooperationspartner sein!“. Beide Abgeordnete halten das Signal auch für fatal, dass den Wähler*innen gezeigt werde, dass ein Kreuz für die CDU bei der kommenden Landtagswahl dazu führen könnte, dass AfD-Personal, und damit auch Rechtsextreme in Gremien und Posten landen könnten.

Update 16.06: Die CDU widerspricht in einer uns vorliegenden Pressemitteilung der Darstellung der LINKE insoweit, dass die CDU trotz einer absoluten Mehrheit (77,2%) im Stadtrat “im Sinne einer harmonischen und konstruktiven Zusammenarbeit” freiwillig auf zwei ihrer zustehenden Ausschusssitze verzichtet habe, die jeweils an die LINKE und die AfD abgetreten wurden. Die öffentlichen Abstimmungen sollen “weitestgehend einstimmig” erfolgt sein. Die Darstellung der LINKE war wohl insoweit unvollständig, dass sie nicht erwähnte, selbst auch einen Sitz bekommen zu haben.



Was eine AfD-regierung bedeuten könnte

Und in der Tat mehren sich die Anzeichen, dass die AfD und die CDU eine Koalition eingehen könnten. Zumindest in Sachsen. Die AfD in Sachsen ist eine neonationalistisch geprägte Partei, ihr faschistischer Flügel, der bereits teilweise von Verfassungsschutz überwacht wird, ist dort besonders stark. Eine Regierungsbeteiligung könnte allein deshalb schon fatal werden, weil sie dann die Möglichkeit hat, dessen Befugnisse einzuschränken. Was sie bereits vor hat:

Pläne der AfD Sachsen: „Menschenwürde auf ihren Kerngehalt“ beschränken & „restriktiv auslegen“

Was eine Regierungsbeteiligung bedeuten könnte, kann man sich ausmalen, wenn man ihr “Regierungsprogramm” für die Landtagswahl ansieht, das wir hier analysiert haben:

Die 12 unglaublichsten Dinge, die die AfD Sachsen für Kinder & Jugendliche plant

Und hier mit Hilfe des Juristen Dr. Peter Nagel untersuchten wir es auf Verfassungswidrigkeit ihrer Absichten:

Analyse: 8 verfassungswidrige Pläne aus dem Wahlprogramm der AfD Sachsen

Die AfD Sachsen beherbergt viele Rechtsextreme und Neonazis und fällt immer wieder dabei auf, wie sie Fakes verbreitet und sich Statistiken zurecht legt, damit sie in ihre Propaganda passen:

Sexuelle Belästigung in Schwimmbädern: So täuscht die AfD Sachsen ihre Wähler über Straftaten

Doch besteht wirklich Grund zur Sorge oder ist es einfach nur Alarmismus, da die AfD nicht nur derzeit an Zustimmung verliert, sondern auch jede andere Partei eine Koalition mit der rechtsextremen Partei ausgeschlossen hat? Es gibt neben dem Präzedenzfall in Geisa leider drei weitere Anzeichen dafür. dass die CDU den Tabubruch vollziehen könnte.

1. Würdigung des AfD-Wahlprogramms für die landtagswahl

Werner J. Patzelt, Co-Chef der CDU-Programmkommission, also der das Wahlprogramm der CDU Sachsen mit verfasst hat, hat in seiner Analyse des Wahlprogramms der AfD stellenweise wohlwollend würdigende Worte dafür übrig gehabt.

Man muss noch einmal darauf hinweisen: Die AfD vertritt extremistische und verfassungsfeindliche Positionen. Das erklärt sie offen selbst, wie wir hier bereits analysiert haben. Sie als gleichwertigen politischen Gegner zu behandeln – mit dem man auch koalieren könnte und einen Konsens finden – ist gefährlich, da es menschenverachtende Positionen legitimieren könnte.

2. Nächster sächsischer CDU-Chef offen für Koalition

Wie sich bei der Wahl des CDU-Fraktionschefs bereits letzten Herbst zeigte, ist der derzeitige CDU-Chef Sachsens, Ministerpräsident Kretschmer, innerhalb seiner Partei ziemlich angeschlagen. Kretschmer schließt eine Koalition mit der AfD noch aus. Hartmann, der entgegen der Wünsche Kretschmers zum Fraktionschef gewählt würde, könnte nach einer krachenden Niederlage der CDU – welche sich derzeit abzeichnet – Kretschmer politisch beerben.

Und dieser sagte, mit ihm werde es kein Nein zu einer Koalition mit der AfD nach der Landtagswahl geben. „Das werden Sie jetzt von mir in dieser Form auch nicht hören“, sagte er bei der entsprechenden Nachfrage. Die AfD, die derzeit das erste Mal trotz eigener Verluste die stärkste Partei in Umfragen geworden ist, weil sie vom größeren Absturz der CDU profitiert, könnte also von einer verzweifelten CDU zur Macht verholfen werden.

3. Extremismus wird in Sachsen nicht als solcher wahrgenommen

Der sächsische Verfassungsschutzbericht wurde kürzlich vorgestellt, der das friedliche #wirsindmehr-Konzert unter Linksextremismus führt, Pegida aber explizit als “nichtextremistisch”.

Nach #Wirsindmehr Konzert: Verfassungsschutz führt jetzt auch „Grundgesetz“ als linksextreme Kampfschrift

Wie Dr. Nagel auf Twitter erklärt, führt die “Appeasement”-Taktik zur schleichenden Akzeptanz rechtsextremer Einstellungen. Und vermittelt den (falschen) Eindruck, diese Haltungen seien eine legitime politische Erscheinung. Obwohl sie auf viele Arten mit der Menschenwürde und dem Grundgesetz kollidieren.

Wer CDU wählt, könnte die AfD kriegen

Einige CDUler empfehlen bereits eine Koalition mit der AfD. Und wie Geisa zeigt, besteht die Gefahr, dass CDU-WählerInnen versehentlich mit ihrer Stimme bei der nächsten Landtagswahl dazu beitragen könnten, der AfD dabei zu verhelfen, an eine Regierung zu kommen – oder gar einen Ministerpräsidenten zu stellen. Die Folgen wären fatal. Nicht nur würde es ihr ermöglicht werden, mit den Mitteln des Staatsapparates Menschenrechte abzubauen, wie sie es explizit vorhat, sie könnte auch direkt die Behörden beeinflussen, die ihre verfassungsfeindlichen Bestrebungen stoppen sollen.

Und eben so fatal: Einmal als regierende Partei legitimiert, öffnet der Präzendenzfall Tür und Tor für weitere Regierungsbeteiligungen. Es sendet ein fatales Signal an die Bürger*innen, dass es sich dabei um eine ganz gewöhnliche Partei und um legitime politische Positionen handelt und es etabliert die AfD. Und noch schlimmer: Ihre extremistischen und menschenverachtenden Einstellungen nachhaltig in den Köpfen der Wähler*innen.

CDU, zeig klare kante!

Wie wir in einer  Analyse gezeigt haben befindet sich die AfD – auch im Osten! – wieder in einem Abwärtstrend. Sie hat ihr maximales Wählerpotential ausgeschöpft. FridaysForFuture, Greta, das Klima, die inneren Streitereien und die drohenden (und teilweise bereits existierende) Überwachung durch den Verfassungsschutz lassen den Einfluss der AfD schwinden.

Wenn die CDU gerade in Sachsen bei der nächsten Landtagswahl nicht schwach wird und weiterhin konsequent Haltung zeigt – was sie mit MdL Patrick Schreiber oder Ruprecht Polenzdoch immer wieder tut – und der Versuchung widersteht, für kurzfristige Regierungsbeteiligungen die AfD dauerhaft zu legitimieren, besteht die Chance, dass die AfD sich spaltet und demokratisiert. Oder untergeht. Also, mehr hiervon:

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Artikelbild: Damir Khabirov, shutterstock.com