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Ist dieses Urteil der Anfang vom Ende der AfD?

von | Jul 12, 2024 | Analyse

Mitte Mai entschied das OVG Münster, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz die AfD zu Recht als rechtsextremen Verdachtsfall einstuft . Das schlug hohe Wellen. Die Veröffentlichung der Urteilsgründe sechs Wochen später jedoch nicht. Und das obwohl sie ein Verbotsverfahren gegen die AfD und dessen Erfolg wahrscheinlicher machen. Bijan Moini erklärt, warum.

Am 25. Februar 2021 stufte das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) die Alternative für Deutschland (AfD) als „Verdachtsfall“ ein. Es gebe hinreichend verdichtete tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass die Partei gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtete Bestrebungen verfolge. Eine solche Einstufung legitimiert in der Praxis des BfV die genauere Beobachtung der Partei. Das heißt, es darf geheimdienstliche Mittel wie Telekommunikationsüberwachungen oder V-Leute einsetzen.

Die AfD wehrte sich gegen diese Einstufung vor dem Verwaltungsgericht Köln – und unterlag. Gegen das Urteil legte sie Berufung ein. Vor dem Oberverwaltungsgericht Münster unterlag sie am 13. Mai 2024 erneut. Die Gründe dafür hat das Gericht erst am 2. Juli veröffentlicht. Darüber wurde bislang so gut wie nicht berichtet – zu Unrecht, denn in dem Urteil steckt einiges drin. Vor allem hat es ein Verbotsverfahren gegen die AfD nach Artikel 21 Absatz 2 GG wahrscheinlicher gemacht. Und auch das Verbot der Partei selbst.

Worüber hat das OVG Münster entschieden – und worüber nicht?

Für eine rechtmäßige Einstufung als Verdachtsfall mussten Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die AfD sich nach ihrem Gesamtbild aktiv gegen mindestens eines der unverzichtbaren Grundprinzipien unseres Verfassungsstaats richtet:

  • die Menschenwürdegarantie
  • das Demokratieprinzip
  • das Rechtsstaatsprinzip

Für seine Prüfung legt das OVG Münster diese Begriffe genauso aus wie das Bundesverfassungsgericht bei der Beurteilung einer Partei im Rahmen eines Verbotsverfahrens. Deshalb erlaubt das Urteil insoweit Schlüsse auf die Frage der Verfassungswidrigkeit der AfD. Das Gericht entschied allerdings nicht darüber, ob die AfD sicher verfassungsfeindliche Absicht verfolgt. Diese Feststellung wäre Voraussetzung für ein Parteiverbot. 

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Außerdem genügte es dem OVG Münster für die Einstufung der AfD als Verdachtsfall, dass Anhaltspunkte für ein „aktives … Vorgehen“ zur Realisierung der verfassungsfeindlichen Ziele bestehen. Das sah sie schon dadurch erfüllt, dass die AfD eine politische Partei ist, weil Parteien grundsätzlich darauf ausgerichtet seien, ihre Überzeugungen umzusetzen. Für ein Parteiverbot müsste der AfD jedoch nachgewiesen werden, dass sie „darauf ausgeht“, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen. Entscheidend dafür ist, dass die Partei „planvoll“ vorgeht (nicht „aggressiv-kämpferisch“, wie es häufig fälschlich heißt). Im zweiten NPD-Verbotsverfahren aus 2017 genügte dem Bundesverfassungsgericht dafür, dass die NPD (heute: Die Heimat) eine Strategie zur Umsetzung ihrer verfassungsfeindlichen Ziele hatte, die sie aktiv verfolgte. Außerdem können Parteien nur verboten werden, wenn sie zumindest die Chance haben, ihre verfassungsfeindlichen Ziele umzusetzen (Potentialität). Das hat das Bundesverfassungsgericht für die NPD 2017 verneint. Und 2024 wurde der Partei daher “nur” die Parteienfinanzierung gestrichen, anstatt sie zu verbieten.

Das bedeutet, dass das Urteil des OVG Münster nicht bestätigt bzw. gar nicht bestätigen konnte, dass alle Voraussetzungen für ein Verbot der AfD vorliegen. Warum haben die Urteilsgründe ein AfD-Verbot(sverfahren) dennoch wahrscheinlicher gemacht?

Grund 1: Durch das Urteil ist bestätigt, wie rechtsextrem die AfD gegenwärtig ist

Das OVG Münster hat den Verdacht auf verfassungsfeindliche Bestrebungen der AfD gleich dreifach begründet. Das Gericht hat Anhaltspunkte dafür erkannt, dass die Partei Deutsche mit Migrationshintergrund sowie Ausländer- und Muslim*innen diskriminieren will und dass sie demokratiefeindlich ist.

Dazu hat es sich auf Belegsammlungen des BfV gestützt, die zusammengenommen über 10.000 Seiten umfassten. Das Gericht hat zahlreiche Funktionär*innen auf allen Ebenen der Partei zitiert, von Alexander Gauland und Alice Weidel über Christina Baum (Bundestagsabgeordnete und ehemaliges Bundesvorstandsmitglied), Björn Höcke und Maximilian Krah bis hin zu zahlreichen weiteren Bundes- und Landtagsabgeordneten, Landesvorstandsmitgliedern und sogar Kreisverbandsvorsitzenden.

Die AfD verbirgt ihr wahres Gesicht

Zur Diskriminierung von Deutschen mit Migrationshintergrund stellt das Gericht fest, dass zumindest der Verdacht bestehe, dass die wahren Ziele der Partei „aus taktischem Kalkül bewusst nicht vollständig offengelegt“ würden. Das stützt es auf zahlreiche abwertende Aussagen, in denen zum Ausdruck komme, dass es zur Bewahrung der „ethnisch-kulturellen Identität“ auch Diskriminierung von Deutschen mit Migrationshintergrund geben könne.

Als Beispiele nennt es Aussagen zum drohenden „Volkstod“, zur Verschwörungstheorie der „Umvolkung“ bzw. des „Volksaustauschs“, zum „schleichenden Genozid an der deutschen Bevölkerung“ und insbesondere die Forderung der „Remigration“ von „nicht integrierbaren Migranten“, was auch Deutsche miteinschließe, und die vielfache Verwendung des Begriffs der „Passdeutschen“ sowie die Verunglimpfung der Fußball-Herren-Nationalmannschaft als „nicht mehr deutsch … im klassischen Sinne“.

Urteil bestätigt: AfD verwendet rassistische Sprache

Das Gericht hat auch Aussagen identifiziert, wonach es der Partei jenseits der Bewahrung der deutschen Kultur und Identität in Wahrheit um ein „ethnisch-biologisches“ Volksverständnis gehen könnte, indem etwa Tiermetaphern zur Unterscheidung von Migranten von „Biodeutschen“ verwendet würden, vor einem „hellbraunen, afroasiatischmitteleuropäischen Menschentyp“ gewarnt oder dunkelhäutigen Jugendlichen ihr Deutschsein abgesprochen werde. Besonders krass ist auch die Forderung Christina Baums nach einem „Wahlrecht nach Abstammung“.

Auch für die systematische Verletzung und Missachtung der Menschenwürde von Ausländer- und Muslim*innen führt das Gericht zahlreiche Belege an. Migranten würden als „Messermänner“, „Invasoren“, „Eindringlinge“ und „Parasiten“ verunglimpft, Muslime als „nicht integrierbar“, der Islam als „totalitäre Ideologie“.

Keine Einzelfälle

Die Vielzahl der diffamierenden und die Menschenwürde missachtenden Aussagen zeige, dass es sich hier nicht um einzelne Entgleisungen, sondern um eine charakteristische Grundtendenz der Partei handele. Speziell die Muslimfeindlichkeit begründet das Gericht weiter damit, dass Muslimen generell der Schutz der Religionsfreiheit versagt werden solle, konkret durch die pauschale Forderung (die es sogar ins Europa-Wahlprogramm 2019 schaffte), den Bau von Moscheen oder Minaretten zu verbieten. Diese Position unterstrichen zahlreiche Äußerungen, wonach der Islam überhaupt „keine Religion“ sei. In der Gesamtschau ergebe sich „sogar ein starker Verdacht, dass die Klägerin Bestrebungen verfolgt, die gegen die Menschenwürde von muslimischen Migranten gerichtet“ seien. Diese Aussage des Gerichts kann man so interpretieren, dass es insoweit nicht nur einen Verdacht, sondern auch eine gesichert rechtsextreme Ausrichtung der Partei bejaht hätte.

Demokratiefeindlichkeit noch nicht gut belegt

Demgegenüber ist die Beweislage hinsichtlich des Vorwurfs der Demokratiefeindlichkeit dünn. Genügend Anhaltspunkte für einen Verdacht lägen vor, allerdings „nicht in der Häufigkeit und Dichte wie vom [BfV] angenommen“. Das Gericht führt eine Reihe von Schmähungen auf, die man aber auch noch als sehr gehässige Kritik einordnen könnte, etwa die Forderung, wer Deutschland nicht liebe, solle Deutschland verlassen, oder die Beschimpfung der Bundesregierung als „psychisch kranke Deutschlandhasser“. Allein das von der Partei nicht ausreichend zurückgewiesene Schwadronieren in einer parteiinternen Chatgruppe von einem „Bürgerkrieg“ und von „Widerstand“ hat das Gericht wohl dazu bewogen, in der Gesamtschau auch den Verdacht der Demokratiefeindlichkeit zu bestätigen.

Auf den Vorwurf des BfV, die AfD richte sich auch gegen den Rechtsstaat, geht das Gericht gar nicht erst ein. Das ist ein Indiz dafür, dass insoweit nicht genügend Anhaltspunkte für einen Verdacht vorgetragen wurden.

Das OVG Münster legt für seine Prüfung den Begriff der Menschenwürde genauso aus wie das Bundesverfassungsgericht bei der Prüfung eines Verbots. Daher könnte man aus dem Urteil den Schluss ziehen, dass diese Voraussetzung für ein Verbot zumindest hinsichtlich der Muslimfeindlichkeit der Partei erfüllt wäre. Zugleich macht das Urteil deutlich, an welchen Stellen das BfV offenbar noch nicht genügend Anhaltspunkte für eine sicher verfassungsfeindliche Bestrebung hat bzw. vorgelegt hat. Dank des Urteils besteht jetzt größere Klarheit darüber, wie die Erfolgsaussichten eines Verbotsantrages sind und wie man sie erhöhen könnte.

Grund 2: Der Verfassungsschutz darf jetzt weiterhin und tiefer bohren

Hätte das OVG Münster der AfD Recht gegeben, hätte das BfV deren Beobachtung mit geheimdienstlichen Mitteln einstellen müssen. Umgekehrt werden die Verfassungsschutzbehörden nun aber ihre Belegsammlungen erheblich aufstocken können. Zum Beispiel mit den Aussagen und geleakten Dokumenten oder Chatprotokollen von V-Leuten oder mit Erkenntnissen aus Überwachungsmaßnahmen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass diese Maßnahmen zahlreiche weitere Belege über die wahren Intentionen der Partei zutage fördern werden, die verfassungsfeindliche Tendenzen in der AfD noch besser belegen können, als öffentliche Äußerungen (auf die allein sich das BfV vor dem OVG Münster stützte). 

Zu bedenken ist bei der Entscheidung über einen Parteiverbotsantrag, dass gemäß der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts V-Leute im Bundes- oder einem Landesvorstand der Partei sofort abzuschalten wären, wenn sich der Bundestag, die Bundesregierung und/oder der Bundesrat dazu entschlössen, einen Verbotsantrag zu stellen. 

Grund 3: Für die AfD wird es schwer, sich vor einem Verbot zu schützen

Es ist praktisch enorm bedeutsam, welche strengen Voraussetzungen die AfD laut dem Urteil des OVG Münster erfüllen muss, damit ihr Äußerungen ihrer Funktionär*innen nicht zugerechnet werden. Dazu muss sie sich glaubwürdig von den konkreten Äußerungen distanzieren, und zwar nicht nur von einzelnen, sondern von allen gleichartigen Äußerungen der Betroffenen. Das Gericht weist deshalb immer wieder Distanzierungsversuche als nicht ernsthaft, nicht nachhaltig, nicht konkret genug und wiederholt auch als taktische (also unfreiwillige) Maßnahme zurück und verwendet sie teilweise sogar gegen die Partei. 

So könne zum Beispiel mit einer Parteiordnungsmaßnahme, die wegen einer bestimmten Äußerung ergriffen werde, stets nur der sich aus der konkreten Äußerung ergebende Anhaltspunkt beseitigt werden, nicht jedoch Verdachtsmomente, die sich aus vergleichbaren Äußerungen ergäben. Nicht einmal ein Parteiausschluss hilft der Partei zuverlässig, sich von Äußerungen eines Funktionärs zu distanzieren. Jedenfalls solange sie mit dem Betroffenen verbunden bleibt. Den Rechtsextremisten Andreas Kalbitz etwa warf die Partei zwar raus, weil er vor seinem Parteibeitritt Mitglied der Heimattreuen Deutschen Jugend sowie der Partei Die Republikaner gewesen war und beides nicht angegeben hatte. Beide Organisationen standen auf der Unvereinbarkeitsliste der AfD. Dennoch rechnete das OVG Münster der AfD auch Äußerungen von Kalbitz zu. Denn die Brandenburger AfD-Landtagsfraktion behielt den nunmehr parteilosen Abgeordneten als Mitglied ihrer Fraktion.

AfD distanziert sich nur oberflächlich

Auch helfen Vorstandsbeschlüsse wie die „Erklärung zum deutschen Staatsvolk und zur deutschen Identität“ von 2021 der Partei nur, wenn sie über abstrakte Bekenntnisse hinausgingen und konkretisierten, wie sie mit gegenläufigen Einzeläußerungen von Funktionär*innen in Einklang zu bringen sind. Nach einer Analyse der besagten Erklärung etwa kommt das Gericht zu dem Schluss, dass es nach dem Verständnis der AfD Deutsche gebe, die „Träger der deutschen Kultur und Identität“ seien, und Deutsche, die das nicht seien – wodurch der Beschluss die intendierte Distanzierung von entsprechendem Gedankengut gerade nicht leistet. Es sei auch keine „Distanzierung“ von menschenfeindlichen Äußerungen, wenn die AfD in programmatischen Schriften auch mal sachlich und nur polemisch zugespitzt zur Kriminalität von Migranten und Muslimen oder kulturellen Unterschieden und Integrationsproblemen Stellung nehme. Genau so argumentierte nämlich die AfD wirklich im Prozess in Münster. Sie beteuerte, Höcke sage ja nicht NUR Verfassungsfeindliches: “Nicht alles, was Herr Höcke sagt, ist verfassungsfeindlich”. Das Gericht fand das offenkundig nicht überzeugend.

Wichtig ist zudem, dass das Gericht erklärte, es gebe keine zeitliche Grenze, nach der bestimmte Äußerungen nicht mehr als Beweismittel gegen die Partei verwendet werden könnten. Ältere Äußerungen fielen als Beweismittel nur aus, wenn die geäußerten Positionen ausdrücklich aufgegeben und über einen längeren Zeitraum nicht wiederholt würden. Ähnliche Aussagen in jüngerer Zeit könnten wiederum ein Beleg für die Kontinuität der besagten Positionen sein.

Grund 4: Das AfD-Urteil aus Münster befeuert den politischen Prozess

Es gibt bislang keine belastbaren Einschätzungen zu den Erfolgsaussichten eines Verbotsverfahrens. Das liegt daran, dass in der Öffentlichkeit niemand einen Überblick über das umfangreiche Material zur AfD hat und dass es bei der Partei – anders als bei der NPD – wegen ihrer taktisch motivierten öffentlichen Zurückhaltung auf komplexe Zurechnungsfragen ankommt. Das hat dazu geführt, dass sich viele Verfassungsrechtler*innen zurückhaltend dazu geäußert haben, ob die Voraussetzungen für ein AfD-Verbot vorliegen. Und dass sich keine politische Dynamik hin zu einem Verbotsantrag entwickelt hat. Jenseits politischer Vorbehalte ist die Sorge groß, dass ein Verbotsantrag scheitern würde.

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Marco Wanderwitz betreibt schon lange eine Initiative zum Verbot der Partei. Er hatte erklärt, mit einem Antrag im Bundestag warten zu wollen, bis das OVG Münster sein Urteil gefällt und begründet hat. Jetzt will er loslegen und im Herbst einen entsprechenden Antrag stellen. Das Urteil liefert ihm dafür die oben aufgeführten Argumente. Das OVG Münster ist zwar nicht das Bundesverfassungsgericht, und wie bereits erläutert hat es auch nicht über die Voraussetzungen für ein Parteiverbot entschieden, sondern über die Einstufung durch das BfV als Verdachtsfall. Trotzdem hat es einige Klarheit auch für ein mögliches Parteiverbotsverfahren gebracht. 

Außerdem könnte das Urteil dazu beitragen, dass das BfV demnächst seine Einschätzung von der AfD aktualisiert und sie für „gesichert rechtsextremistisch“ erklärt. Das könnte für skeptischere Politiker*innen die Schwelle sein, ab der sie sich für ein Verbot der Partei aussprechen.

Merke: Wenn Du verfassungsfeindlich bist, gib keinem Gericht die Gelegenheit dazu, das zu bestätigen

Ließe sich nun ein Verbot der AfD allein auf den Teil der Begründung des OVG Münster stützen, für den es einen „starken Verdacht“ festgestellt hat, also die Muslimfeindlichkeit der Partei? Das ist denkbar. Insbesondere spielt es keine Rolle, dass damit „nur“ eine Ausprägung der Menschenwürde – die Diskriminierung von Menschen auf Grund ihrer Religion – und das Demokratie- sowie Rechtsstaatsprinzip überhaupt nicht betroffen wären. Denn für den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist bei der Prüfung eines Verbots einer Partei nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kein Platz. Es gibt also kein „nicht ausreichend verfassungswidrig“ – liegen die Voraussetzungen für eine Beseitigung oder Beeinträchtigung auch nur eines Teils der oben genannten Verfassungsgrundsätze vor, ist die Partei verfassungswidrig und würde auf Antrag verboten. Nachzuweisen wäre natürlich auch, dass die Partei „darauf ausgeht“, ihre muslimfeindliche Agenda umzusetzen. Aber diesen Nachweis zu führen, wäre im Bereich des Möglichen. So kann man also durchaus sagen, dass das Urteil des OVG Münster sowohl einen Verbotsantrag als auch dessen Erfolg wahrscheinlicher gemacht hat.

Diesen Beitrag zu einem möglichen Verbotsverfahren hätte die AfD sich übrigens ersparen können, wenn sie ihre Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln zurückgenommen hätte, als deutlich wurde, dass sie vor dem OVG Münster unterliegen würde. Das Gericht hätte dann überhaupt nichts schreiben dürfen, wir hätten jetzt weder einen Eindruck vom gegenwärtig gerichtsfesten Sachverhalt noch Aufschluss über die Anforderungen an eine wirksame Distanzierung von verfassungsfeindlichen Äußerungen – und auch der politische Prozess in Richtung eines Verbotsverfahrens wäre erstickt worden. Aber diesen taktischen Fehler kann die Partei jetzt nicht mehr rückgängig machen – und wahrscheinlich wird sie ihn auch wiederholen.

Artikelbild: knipsdesignshutterstock.com