Keinen Platz für Gewalt!
In der ganzen Republik scheint es gerade ein Aufwachen zu geben. Nach dem eindeutigen Tabubruch in Thüringen gab es einen großen Aufschrei in allen demokratischen Parteien. Endlich stehen viele Konservative und Liberale auf und sagen: „So kann es nicht weitergehen.“
Zentrale, traditionell progressive Forderungen des letzten Jahrzehnts werden gerade innerhalb von nur wenigen Tagen zum Konsens:
- Die Ablehnung der „Hufeisentheorie“, dass AfD und Linke gleich schlimm sei (Quelle)
- Eine indiskutable Brandmauer gegen Rechts
- „das Linke Lager“ als zentrales Feindbild des Konservativismus wird in Frage gestellt (Quelle)
Wir haben viele dieser Reaktionen in einem gesammelt.
Diese Liberalen und Konservativen verurteilen den Tabubruch in Thürigen
Dafür haben viele Menschen Vorarbeit geleistet, die sich jetzt an diesem Fokus-Ereignis in Thüringen bezahlt macht und unsere Demokratie rettet. Die Aufklärung über die Gefahr der Faschisten der AfD, das Infragestellen der Äquidistanz-Praxis.
Doch ein paar radikalen Idioten fällt nichts besseres ein, als egoistisch auf diese Errungenschaften und die progressive Community zu spucken und das alles mit Gewaltakten zunichte zu machen.
Was ist passiert?
Anscheinend nahmen radikale Idioten den Tabubruch von Thomas Kemmerich und einigen Parteigenoss*innen zum Anlass, die FDP als Ganzes zum Feindbild zu erklären. FDP-Politiker*innen, die nichts mit dem Coup Kemmerichs zu tun haben und sich auch davon distanzierten, wurden Opfer von Anfeindungen und Gewalt. In Hamburg wurden einige FDP-Plakate zerstört oder beschmiert (Quelle).
Hadi ist 18, seine Eltern kommen aus dem Irak und der Ukraine und er kandidiert in Billstedt für die @fdphh. Sowas👇 ist einfach zum Kotzen. Und die echten Nazis lachen sich ins Fäustchen #hamburg pic.twitter.com/82xhNk2kUL
— Ria Schröder 🇺🇦 (@ria_schroeder) February 8, 2020
Die Jüngste hat es in ihrer Unschuld für ein Jugendfeuerwerk gehalten, als das Haus, sie und ich heute mit Feuerwerk beschossen wurden. Doch irl war es einfach nur Gewalt. Es gibt Menschen, die stoppen nicht für kleine weiche Kinderkörper. Ich gehe jetzt heulen. #hass pic.twitter.com/0jvbrlRIah
— Karoline Preisler (@PreislerKa) February 8, 2020
So etwas ist unverantwortlich, beschämend und zutiefst undemokratisch. Derartige undifferenzierte gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit hat keinen Platz in unserer Gesellschaft. Absurder wird es, wenn es Politiker*innen trifft, die nichts weiter mit Kemmerich zu tun haben, als in der gleichen Partei zu sein.
Doch auch die Anfeindungen auf Kemmerich und seine Familie (Quelle) durch radikale Idioten sind bei aller berechtigten Kritik unzweifelhaft verwerflich, abstoßend und gehören werden auch zu Recht genau so kollektiv verurteilt.
Klare Verurteilung aus dem “Linken Lager”
Wie bei aufrechten Demokrat*innen selbstverständlich führten die Anfeindungen und Angriffe auf FDP-Politiker*innen zur geschlossenen Verurteilung durch Linke, Grüne und SPD-Mitglieder. Einige ausgewählte Beispiele:
Bundestagsabgeorndeter Fabio de Masi (Linke):
Wer Gewalt gegen #FDP Büros verübt hat übrigens eher nichts verstanden. #noAfD #Thüringen https://t.co/368SJMXkvS
— Fabio De Masi 🦩 (@FabioDeMasi) February 8, 2020
Bundestagsabgeordneter Sven Kindler (Grüne)
Das geht gar nicht und ist inakzeptabel. Alles Gute Ihnen!
— Sven Kindler 🇪🇺 (@sven_kindler) February 9, 2020
Berliner Staatssekretärin Sawsan Chebli (SPD):
Das geht gar nicht.
— Sawsan Chebli (@SawsanChebli) February 8, 2020
Bundestagsvizepräsident Thomas Oppermann (SPD)
Die Drohungen gegen FDP-Politiker und Angriffe ihre Büros sind unerträglich.Der berechtigte Protest gegen die Wahl von @KemmerichThL durch die AFD, FDP und CDU rechtfertigt absolut keine Gewalt, zumal viele FDP-Mitglieder heftig gegen das Zusammenwirken mit der #AFD protestieren.
— Thomas Oppermann (@ThomasOppermann) February 10, 2020
Ex-Ministerpräsident Thüringens Bodo Ramelow (Linke)
https://www.facebook.com/bodo.ramelow/posts/3503798749662441
Zweite Bürgermeisterin der Freien und Hansestadt Hamburg, Katharina Fegebank (Grüne)
Den Hass der AfD bekämpft man nicht mit Hass auf andere. Wer #FDP-Politiker tätlich angreift, Veranstaltungen stört & systematisch Plakate zerstört, setzt sich selbst ins Unrecht & schadet unserer liberalen #Demokratie. Unsere Solidarität unter Demokraten ist unverbrüchlich!
— Katharina Fegebank (@fegebanks) February 9, 2020
Stellvertrender Bundesvorsitzender, Kevin Kühnert (SPD)
Antworte auf die Frage, welche Politiker*innen mich parteiübergreifend beeindrucken, immer mit: "@KonstantinKuhle!"
Angriffe sind immer abzulehnen. Aber hinzu kommt: Sie demoralisieren diejenigen, die wir jetzt brauchen: Liberale und Konservative mit klarem Kompass. Es gibt sie. https://t.co/o8NE2uTePd
— Kevin Kühnert (@KuehniKev) February 9, 2020
Bundestagsabgeordnete Daniela Kolbe (SPD)
Mir steckt #Thueringen in d Knochen. Wenn ich aber sehe, wie gegen #FDP ler / Büros etc. Gewalt angewendet wird: Stop! Das ist vollkommen indiskutabel. Die Rechten haben auch dann gewonnen, wenn Demokraten aufeinander losgehen. Gerne hart in der Sache, aber vernünftig im Umgang!
— Daniela Kolbe (@danielakolbe) February 8, 2020
Bundestagsabgeordneter Cem Özdemir (Grüne)
Jedwede Angriffe auf Herrn Kemmerich, andere PolitikerInnen oder gar deren Familien sind absolut inakzeptabel. Täter werden hoffentlich schnell gefasst & bestraft. Wir DemokratInnen werden Gewalt nie als Mittel der politischen Auseinandersetzung dulden.
Gerade deswegen: #noafd. https://t.co/ejxXDnx1v4— Cem Özdemir (@cem_oezdemir) February 10, 2020
Bundestagsabgeordneter Konstantin von Notz (Grüne)
Die Bedrohungen, Verhetzungen und massiven Beleidigungen gegen und gegenüber Mitgliedern der verantwortlichen, mitwirkenden und vermeintlich konspirierenden Parteien beim Desaster der MP-Wahl in #Thüringen sind undemokratisch und indiskutabel. Die Auseinandersetzung,…
— Konstantin v. Notz (@KonstantinNotz) February 8, 2020
…und viele mehr!
Rechte nutzen das, um zu spalten
Rechte und rechtsextreme Influencer*innen, Politiker*innen und Publikationen, die gerne die Gewalt durch Rechtsextremisten herunter- und die von Migranten hochspielen, schlachten solche Vorfälle natürlich gnadenlos aus. Ihr Ziel: Weiter Politiker*innen von FDP und Union davon zu überzeugen, über ihr gemeinsames Feindbild mit ihnen zu kooperieren – genau wie in Thüringen geschehen.
Und wieder einmal zeigt sich, dass derartige politische Gewalt nur zur weiteren Spaltung unserer Gesellschaft führt. Sie ist indiskutabel, inakzeptabel und gehört ordnungsgemäß bestraft. Unabhängig der Tatsache, dass sie grundsätzlich zu verurteilen ist, sie untergräbt den demokratischen Konsens, den wir herstellen müssen, um unsere Demokratie vor dem Faschismus zu schützen.
Denn so deutlich wie jetzt war es lange nicht, dass jegliche Zusammenarbeit mit Faschisten politisch von allen demokratischen Parteien verurteilt wird, dass die Hufeisentheorie wissenschaftlich unhaltbarer Unsinn ist und dass es lachhaft, aber auch gefährlich ist, die Linke mit der AfD gleichzusetzen. Und diesen Konsens müssen wir beibehalten.
Text: Philip Kreißel, Thomas Laschyk. Artikelbild: Screenshots twitter.com